Rauch vom Orient im Okzident

wasserpfeife

Wasserpfeife rauchen hat sich als neuer Trend etabliert – Schlecht daran: Der Dampf ist für die Lungen besonders schädlich und das Mundstück birgt Infektionstrisiken

Aus der Werbung eines Wiener Lokals: „Shisha rauchen, gut essen und eine hübsche Bauchtänzerin bei Ihrem Tanz beobachten“, das klingt für manche sicherlich verlockend. Wie anders ließe sich erklären, dass seit einiger Zeit immer mehr Cafés eröffnen, in denen das Wasserpfeiferauchen angeboten wird.

Shisha

Wasserpfeifen haben viele Namen: Sie werden Narghileh, Shisha, Hubble Bubble, Goza oder auch Hookah genannt. „Viele denken, das sei eine saubere und harmlose Alternative zum Zigarettenrauchen“, sagt Alfred Lichtenschopf, Spezialist für Rauchertherapie bei der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. „Es schadet der Gesundheit aber sehr und kann genauso süchtig machen.“

Erfunden haben soll die Wasserpfeife der indische Physiker Hakim Abul Fath im 16. Jahrhundert – ursprünglich als weniger schädliche Alternative zum herkömmlichen Tabakgebrauch. Wasserpfeiferauchen entwickelte sich vor allem in China, Indien, Pakistan und den östlichen Mittelmeerländern zu einem festen Ritual und breitete sich mit der Migration auf der ganzen Welt aus. Seit den 1990er-Jahren wird es auch in westlichen Ländern immer beliebter – vor allem bei Jugendlichen.

Umfragen mit mehreren Tausend Jugendlichen zeigen, dass bei einigen das Wasserpfeiferauchen inzwischen beliebter ist als Zigarettenrauchen. In den USA hatte jeder fünfte Collegestudent im Monat vor der Umfrage Wasserpfeife geraucht. In Großbritannien hatte es fast jeder dritte Studierende schon einmal probiert, in Deutschland war es jeder vierte. Häufig findet der Kontakt früher statt als mit Zigaretten – bei manchen schon vor dem 10. Lebensjahr. „Das orientalische Ritual wird auch hierzulande immer beliebter“, sagt Ernest Groman, Leiter des Nikotininstitutes in Wien. „Bei vielen dient es als Einstieg zum regelmäßigen Zigarettenrauchen oder für härtere Drogen wie Marihuana.“ Bei Umfragen unter rauchenden Jugendlichen erzählt ihm fast jeder, er habe schon einmal Wasserpfeife probiert.

Wasserpfeifentabak enthält im Gegensatz zu normalem Tabak zusätzlich das Feuchthaltemittel Glyzerin, außerdem verschiedene Aromastoffe wie Apfel, Minze, Honig oder Cappuccino. Der Tabak wird auf 300° bis 450° C erhitzt – das ist etwa halb so viel wie beim Zigarettenrauchen. „Durch den Weg über das Wasser kühlt der Rauch ab und ermöglicht einen tiefen und langen Zug“, sagt Groman. „Dabei gelangt mehr Kohlenmonoxid ins Blut als beim Zigarettenrauchen. Die Folge: Noch am nächsten Morgen nach einer Wasserpfeifen-Session hat man Werte im Blut wie nach 20 Zigaretten.“

herzinfarkt

Fatale Wirkung

Kohlenmonoxid besetzt die Bindungsstellen für Sauerstoff am Hämoglobin, sodass dieses weniger Sauerstoff transportieren kann. „Bei häufigem Rauchen kann es insbesondere bei Menschen mit Herz- oder Gefäßkrankheiten zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt kommen“, warnt Alfred Lichtenschopf. „Bei Schwangeren kann der Sauerstoffmangel zu einer Tot- oder Frühgeburt führen – Schwangere sollten also auf keinen Fall Wasserpfeiferauchen.“

Auch akut kann Kohlenmonoxid Probleme verursachen: „Immer wieder sehen wir Vergiftungen, die sich durch Kopfschmerzen, Schwindel oder grippeähnliche Symptome äußern“, sagt Daiana Stolz, Leitende Ärztin für Pneumologie am Unispital Basel. „Im schlimmsten Fall setzt die Atmung aus.“ Die Lungenärztin erforscht seit einiger Zeit in klinischen Studien, wie sich Wasserpfeiferauchen auf die Gesundheit auswirkt. „Wir konnten nachweisen, dass bei Zigarettenrauchern die Atemwege überempfindlicher werden. Wir vermuten, dass dies auch bei Wasserpfeiferauchern der Fall ist. Studien zeigen nämlich, dass diese häufiger unter einer chronischen Bronchitis leiden.“ In einer Folgestudie will die Lungenfachärztin testen, ob diese Überempfindlichkeit zurückgeht, wenn man mit dem Wasserpfeiferauchen aufhört. „Das klappt beim Zigarettenrauchen und sollte auch bei Sheeshas funktionieren.“

Während einer Wasserpfeifen-Session von durchschnittlich einer Stunde Dauer nimmt der Raucher Rauch auf, der der Menge von 100 oder mehr Zigaretten entspricht. Dabei atmet er nicht nur Kohlenmonoxid ein, sondern auch das suchterzeugende Nikotin und diverse krebserregende Stoffe. „Die Schadstoffe können zu Krebs in Lunge, Mundhöhle, an den Lippen oder in der Harnblase führen“, sagt Daiana Stolz.

Achtung Ansteckung

Ein weiteres Risiko sind Infektionen: „Benutzen alle das gleiche Mundstück, kann man sich mit Tuberkulose, Herpes, Hepatitis oder Pilzen anstecken.“ Wasserpfeifentabak unterliegt den Anforderungen des Tabakgesetzes. Seit Anfang dieses Jahres müssen die Hersteller dem Bundesministerium für Gesundheit mit einem speziellen elektronischen Formular melden, welche Substanzen ihre Tabakerzeugnisse enthalten. Listen mit diesen Stoffen sollen in Zukunft veröffentlicht werden. Wann dies sein wird, steht noch nicht fest. Bislang gibt es keine klaren Vorgaben, was in Wasserpfeifentabak enthalten sein darf und was nicht. Zu viel Glyzerin kann beispielsweise eine allergische Lungenentzündung hervorrufen. Auch passiv Wasserpfeiferauchen schadet: Die Luftbelastung mit Schadstoffen in Restaurants oder Cafés ist beim Wasserpfeifenrauchen sogar höher als beim Zigarettenrauchen. „Shee-shas sind nicht harmlos“, warnt Ernest Groman. (Felicitas Witte, DER STANDARD Printausgabe, 12.4.2010)

Quelle: derStandard.at, http://derstandard.at/1269449247462/Rauch-vom-Orient-im-Okzident Zugriff 11.4.10

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