Die Fußstapfen Satans

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Von Wahb b. Munabbih wird folgendes erzählt: Es gab unter den Kindern Israels einen frommen Diener Gottes (Abid), und er war der gottesfürchtigste seiner Zeit.

Zu dieser Zeit gab es auch drei Brüder, die eine Schwester hatten; sie war noch Jungfrau, und sie hatten außer ihr keine andere Schwester. Als eine Aussendung[1] zu den dreien kam, wussten sie nicht, bei wem sie bleiben sollte oder wem sie sie anvertrauen könnten.

            Da kamen sie überein, sie beim Abid der Kinder Israels zu lassen – und sie hatten vollstes Vertrauen – also kamen sie zu ihm und baten ihn, er möge sich doch um sie kümmern, auf dass sie in seiner Obhut bleibe, bis sie von ihrem Feldzug zurückkehren. Er aber lehnte dies ab und nahm bei Gott Zuflucht vor ihnen und ihrer Schwester.

            Sie gaben aber nicht nach, bis er schließlich einwilligte und sagte: „Lasst sie in einem Haus gegenüber meiner Einsiedelei wohnen.“ Da brachten sie sie in dieses Haus und brachen auf. So blieb sie die nächste Zeit in der Nachbarschaft dieses Abid, er brachte das Essen von seiner Einsiedelei und sagte ihr Bescheid, und sie ging aus dem Haus und holte sich, was er ihr an Essen hingestellt hatte.

            Da erwies sich ihm der Teufel als gütig, und hörte nicht auf in ihm das Verlangen nach Gutem zu erwecken. Er ließ es ihm als etwas Gewaltiges erscheinen, dass das Mädchen tagsüber das Haus verlässt, und flößte ihm Angst davor ein, dass sie jemand sehen und sich in sie verlieben könnte – es wäre daher besser, und die Belohnung größer, wenn er mit dem Essen dorthin ginge und es direkt vor die Haustür stelle. Und er ließ nicht von ihm ab, bis er zu ihr hinging und ihr dass Essen vor die Tür stellte, ohne aber mit ihr zu sprechen. So verblieben sie eine Zeit lang.

            Dann kam Iblis zu ihm, den Wunsch nach Gutem und Belohnung in ihm erregend, und sagte: „Wenn du ihr das Essen direkt ins Haus brächtest, wäre der Lohn gewaltiger!“ Und er ließ nicht von ihm ab, bis er mit dem Essen zu ihr ging und es ihr ins Haus stellte. So verblieben sie eine Zeit lang.

            Dann kam Iblis zu ihm, ihm gut zusprechend, und sagte: „Wenn du doch nur ein paar Worte mit ihr wechseln würdest, um sie etwas zu unterhalten – die Arme ist doch ganz allein!“ Und er ließ nicht von ihm ab, bis er eine Zeit lang mit ihr sprach, indem er von seiner Einsiedelei herab zu ihr redete.

            Danach kam Iblis zu ihm und sagte: „Wenn du doch zu ihr herunter kämest, und du bei der Tür deiner Einsiedelei sitzen würdest und sie bei ihrer Haustür, dann wäre das freundlicher ihr gegenüber!“ Und er ließ nicht von ihm ab, bis er ihn hinuntergebracht hatte und er bei seiner Tür saß und sie bei ihrer, und eine Zeit lang pflegten sie sich so zu unterhalten.

            Dann kam Iblis zu ihm und er regte ihn zu Gutem an, und der Belohnung für das, was er für sie tut, und sagte: „Wenn du deine Tür verlassen und dich ein bisschen näher setzen würdest, um mit ihr zusprechen, wäre das sicher angenehmer für sie!“ Und er ließ nicht von ihm ab, bis er das tat, und so verblieben sie eine Zeit lang.

            Dann kam Iblis – verflucht sei er – und hielt ihm das Gute vor und die große Belohnung bei Allah für das, was er an ihr an Wohltaten vollbringt, und sagte: „Wenn du doch etwas näher kommen würdest und dich zur Tür ihres Hauses setztest, um mit ihr zu sprechen, dann müsste sie nicht extra das Haus verlassen!“ So tat er es auch, und wenn er von seiner Einsiedelei kam, blieb er bei der Tür. So ging das einige Zeit.

            Dann kam Iblis zu ihm und sagte: „Wenn du hineingingest um mit ihr zu sprechen, wäre das besser für dich, als wenn du zulässt dass sie ihr Gesicht Fremden preisgibt!“ Und er ließ nicht von ihm ab, bis er in das Haus eintrat und begann, den ganzen Tag mit ihr zu plaudern. Am Ende des Tages ging er schließlich zu seiner Einsiedelei zurück.

            Danach kam Iblis zu ihm, und er hörte nicht auf, sie ihm zu verschönern, bis der Abid ihr auf den Oberschenkel klopfte und sie küsste, und Iblis ließ nicht davon ab, sie in seinen Augen zu verschönern und ihn zu verführen, bis er auf sie fiel und sie schwängerte. Als sie einen Jungen zu Welt brachte, kam Iblis und sagte: „Was werden wohl die Brüder des Mädchens sagen, wo sie von dir ein Kind zur Welt gebracht hat? Du bist nicht sicher davor, bloßgestellt zu werden – oder sie stellen dich bloß! – nimm daher ihren Sohn her, töte und begrabe ihn! Sie wird Schweigen darüber bewahren, aus Angst davor, dass ihre Brüder erfahren, was du mit ihr gemacht hast!“ So tat er das. Dann sagte er: „Bist du sicher, dass sie ihren Brüdern verschweigt, was du mit ihr gemacht und dass du ihren Sohn getötet hast? Pack sie lieber, schneide ihr die Kehle durch und begrabe sie bei ihrem Sohn!“ Und er ließ nicht von ihm ab, bis er sie tatsächlich tötete und mit ihrem Sohn in die Grube warf. Diese verschloss er mit einem großen Felsen und ebnete das Ganze. Dann ging er zu seiner Einsiedelei, um sich dort der Andacht hinzugeben. Dort blieb er eine Zeit, bis die Brüder von der Schlacht zurückkehrten. Als sie zu ihm kamen und nach ihrer Schwester fragten, verkündete er ihren Tod, weinte und bat Gott um Gnade für sie, und sagte: „Sie war die beste Frau, das ist ihr Grab, seht es euch an!“ Da gingen ihre Brüder zu ihrem Grab, beweinten ihre Schwester und erflehten Gottes Gnade. Sie blieben einige Tage dort, bis sie dann zu ihren Familien zurückkehrten.

Als die Nacht über sie hereinbrach, legten sie sich zu Bett. Da erschien ihnen der Teufel in der Gestalt eines Reisenden, er begann mit dem Ältesten und fragte ihn nach seiner Schwester. Dieser erzählte ihm von der Aussage des Abid, sie sei gestorben, und dass er Gott für sie um Gnade gebeten und wie er ihnen das Grab gezeigt hat. Da bezichtigte der Teufel ihn der Lüge und sagte: „Er hat euch nicht die Wahrheit über eure Schwester gesagt! Er hat sie geschwängert und sie hat ihm einen Knaben zur Welt gebracht, da tötete er ihn und sie dazu aus Angst vor euch, und er warf sie in eine Grube, die er hinter der Tür des Hauses aushob, die, wenn man eintritt, rechts von einem ist – so geht hin und geht in das Haus, so werdet ihr die beiden gemeinsam dort finden, wo ich es euch beschrieben habe!“

Dann kam er dem Mittleren im Schlaf und erzählte ihm das Gleiche, dann dem Jüngsten. Als die drei aufwachten wunderten sie sich über das, was sie gesehen hatten, und sie erzählten einander von diesem seltsamen Traum.

Der Älteste von ihnen sagte: „Träume sind Schäume, vergesst diesen Traum und schenkt ihm keine Beachtung.“ Der Jüngste aber sagte: „Nein, Bei Gott! Ich tue nicht eher etwas anderes bis ich nicht zu diesem Ort gehe und mir das ansehe!“ Da brachen sie allesamt auf und gingen zu dem Haus, in dem ihre Schwester verweilte, öffneten die Tür und suchten an der Stelle, die ihnen im Traum beschrieben wurde. Da fanden sie ihre Schwester und deren Sohn geschlachtet in der Grube, wie es ihnen gesagt wurde. Als sie den Abid danach befragten, gab er den Worten Iblis Recht und gestand schließlich, was er mit den beiden getan hatte.

Der König wurde verständigt, und der Abid wurde aus seiner Einsiedelei geholt und zur Kreuzigung vorgeführt. Während sie ihn am Kreuz festmachten, kam der Teufel zu ihm und sagte: „Du weißt sicher, dass ich dein Gefährte bin, der dich mit der Frau verführt hat, bis du sie geschwängert und sie und ihren Sohn getötet hast. Wenn du mir aber heute gehorchst und Gott leugnest, der dich erschaffen und geformt hat, dann befreie ich dich aus der misslichen Lage, in der du steckst!“ Da verfiel der Abid dem Unglauben – und nachdem er vom Glauben abgefallen war, ließ er den Brüdern freie Hand und ihn im Stich, und er wurde gekreuzigt.

Aus: Talbis Iblis: 26-29.

[1] Milit., d.h. sie wurden in den Krieg einberufen.